Das Seifersdorfer Tal entsprach mit seiner reizvollen kleinräumigen Landschaft und den malerischen Felspartien und Wiesenbereichen entlang der Großen Röder dem Naturideal des ausgehenden 18. Jahrhunderts.

Berühmt wurde das Tal jedoch erst durch die Tätigkeit von Moritz und Tina von Brühl, die als dilettierende Gartenkünstler den Anregungen des großen Gartentheoretikers des 18. Jahrhunderts Christian Cay Lorenz Hirschfeld (1742–1792) folgten und die Schöpfungen der Natur durch Werke der Kunst erhöhten.

Hans Moritz Graf von Brühl (1746-1811), Sohn des einst in Sachsen allmächtigen Premierministers Heinrich von Brühl, und seine Gattin Johanna Christina Margarethe (genannt Tina) (1756-1816) schufen hier einen der frühesten Landschaftsgärten in Deutschlands.

Gräfin Tina, die Tochter des Premierleutnants Schleyerweber aus dem Elsaß, besaß klares Selbstbewußtsein, frische Willensschärfe, einen hellen Kopf und wirtschaftliche Umsicht, neigte in ihrer Jugend zu gefühlvoller Schwärmerei und blieb immer eine schöne und vornehme Dame, die von vielen vergöttert wurde. Diese zwei anziehenden Menschen, Tina vorangehend, anregend, geistsprühend, Moritz gütig nachgebend, schufen das Rödertal zwischen Liegau und Grünberg, genauer zwischen der Grundmühle bei Wachau-Liegau und der „Fabrik“ (alte Papiermühle) zwischen Seifersdorf und Schönborn, als Besitzer des Rittergutes Seifersdorf bei Radeberg und somit als Besitzer des Tales, seit 1781 zu einem englischen Park mit vielen Denkmälern um. Bald pilgerten Scharen empfindsamer Dresdner und viele auswärtige Reisende von Bildung nach Seifersdorf hinausund schwärmten in dem romantischen Tale. (zitiert nach Karl Josef Friedrich, Führer durch das berühmte Seifersdorfer Tal 1930)

Trotz der prekären finanziellen Situation der Familie nach dem Siebenjährigen Krieg widmeten sich die Brühls ab 1781 mit großem Engagement der Ausgestaltung des vom Dorf etwa eine Viertelstunde Fußmarsch entfernten Tales.

In der anmutigen, um malerische Felspartien bereicherten Landschaft schufen sie entlang des Flusslaufs der Großen Röder zahlreiche Gartenszenen im Sinne der Empfindsamkeit. Besonders die geistvolle Gräfin Tina widmete sich der Aufgabe, einen Garten zu schaffen, der „unterhalten, belehren und rühren soll“, der nicht „bloß Kunstwerk“ ist, sondern dem „Geist und dem Herzen Stoff zur Beschäftigung gibt“.

Im Bildprogramm dieses Landschaftsgartens verdeutlicht sich der aufklärerische Optimismus dieser Zeit, die Menschen durch gartenkünstlerische Inszenierung in einer ländlichen Natur, zum Humanismus führen zu können. Anregungen dafür fanden die Brühls besonders in der Theorie Johann Gottfried Herders (1744-1803), mit dem sie, wie mit vielen anderen Persönlichkeiten des Weimarer Kulturkreises, engen freundschaftlichen Verkehr pflegten.

Jean Paul fand es „himmlisch“, Wieland nannte es einen „Zaubergrund“ und Elisa von der Recke schrieb, dass es alle Gärten, die sie bisher gesehen habe, weit überträfe.

Die Reihe der berühmten Gäste in Seifersdorf ließe sich fortführen: Caspar David Friedrich, Christian Gottfried Körner, Theodor Körner, Gottfried Schadow … – Besucher aus nah und fern kamen, um einen der ersten und berühmtesten Landschaftsgärten in Deutschland zu erleben.

Auch später, unter dem Sohn Karl von Brühl (1772-1837), der von 1815 bis 1828 Generalintendant der Berliner Schauspiele war, setzte sich diese Tradition fort, wenngleich nun private Themen im Vordergrund standen.

Ein anschauliches Bild, wie sich die Anlage gegen Ende des 18. Jahrhunderts präsentierte, vermittelt das 1792 von Wilhelm Gottlieb Becker verfasste Buch „Das Seifersdorfer Thal“, das auch vierzig Kupferstiche enthält.

Seit der Anlage des Landschaftsgartens ist das Seifersdorfer Tal ein beliebtes Ausflugsziel für Besucher aus nah und fern. Trotzdem verfielen die Anlagen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts immer mehr. Erst der Seifersdorfer Pfarrer und Schriftsteller Karl Josef Friedrich (1888-1965) bemühte sich wieder intensiv um die Rettung der Anlage.